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Nach zwei Jahren mal wieder ein Sonntagsbummel in der Stadt




 "Unsere Stadt" hat zwar eine schöne Fußgängerzone, aber leider kaum noch Schaufenster, in die man beim Bummeln gucken möchte. Im unteren Teil sind fast alle Geschäfte verschwunden und die leeren Fenster vermitteln ein trauriges Bild.

Wir waren am vergangenen Sonntag in Pirmasens unterwegs, der Stadt auf sieben Hügeln, die einst vom Landgrafen Ludwig IX. gegründet wurde. Als nach seinem Tod im Jahr 1790 die Garnison aufgelöst wurde, hungerten die Pirmasenser und aus der Not heraus stellten sie einfache Schuhe (sogenannte Schlabbe) her. Das war der Beginn der Industrialisierung der Stadt. Die Männer gründeten Schuhfabriken, stellten Schuhe her und die Frauen verkauften sie in Kiepen, mit denen sie von Ort zu Ort zogen.

Aus kleinen Familienunternehmen entstanden große Fabriken, die heute noch bekannt sind. Im Jahr 1914 existierten hier 240 Schuhfabriken unterschiedlicher Größe mit insgesamt 14.000 Beschäftigten. Nun war Geld in der Stadt und dank einer guten Kaufkraft siedelten sich viele Geschäfte in der Innenstadt an.

Als ab dem Jahr 1970 die Schuhfertigung nach und nach ins Ausland verlegt wurde, mussten immer mehr Betriebe schließen. Zwar werden nach wie vor die Schuhe in der Stadt entworfen und die Unternehmen verwalten ihre Betriebe von hier aus, aber die Arbeitsplätze bei der Schuhherstellung gingen zum größten Teil verloren.

Derzeit arbeiten nur noch ungefähr 1.200 Leute für die Schuhindustrie. Wenige Unternehmen existieren noch, lassen aber im Ausland produzieren. Immerhin hat die Schuhfachschule in der Stadt einen sehr guten Ruf und bildet Schuhfacharbeiter aus der ganzen Welt aus.

An die Blütezeit der Schuhindustrie erinnert der Schusterbrunnen in der mittleren Fußgängerzone.


Der Schusterbrunnen neben der Lutherkirche.


Beim Bummel am Sonntag stellte ich mit Wehmut fest, dass es kaum noch offene Geschäfte in der unteren Fußgängerzone gibt. Die leeren Schaufenster bieten einen traurigen Anblick.

Verschwunden sind mein Lieblings-Optikergeschäft, die Filialen von bekannten Damenmoden-Labels, das kleine Fotogeschäft, die Schreibwarengeschäfte, der Bastelladen, ein früher sehr beliebter Buchladen und andere Läden, in denen ich früher gerne einkaufte.

Geblieben sind ein Spielwaren-Geschäft, in dem ich früher schon als Kind mit den Eltern zum Einkaufen war und ein Möbelhaus.



Wir schlendern weiter und ich stelle fest, dass im oberen Teil der Fußgängerzone weniger Leerstand ist. Hier hat sich aber auch vieles geändert und aus den vielen kleinen Geschäften, den Bäckereifilialen, den Fotoläden, den Handarbeitsgeschäften usw. sind jetzt Döner- und Kebabbuden, Läden für asiatische Billigkleidung oder Geschäfte für Deko-Kram geworden. Ich sah auffallend viele Läden mit dem Schild 'Goldankauf'. Haben denn die Leute so viel Edelmetall übrig?


Hier an den Säulen beginnt die obere Fußgängerzone.



Genau in der Mitte der Fußgängerzone sind noch einige Geschäfte vorhanden, die 
vor allem Damenkleidung und Wäsche verkaufen.



Ein sehr modernes Gebäude mit einem Drogeriemarkt in der mittleren Fußgängerzone.




Blick in Richtung Lutherkirche in der unteren Fußgängerzone.


Der schönste Teil der Fußgängerzone ist der Schlossplatz mit den Kaskaden des Schlossbrunnens vor der Kulisse der Sankt-Pirmin-Kirche.




Nur wenige Schritte weiter befinden sich gleich zwei Eiscafès mit Tischen und Stühlen im Freien. Wir nehmen dort Platz und mein Früchte-Eisbecher ist lecker. Das Eis schmeckt gut, die Früchte sind frisch und knackig. Leider beginnt es gerade dann zu regnen, als wir unser Eis bezahlt haben und weitergehen wollen.

Mit dem Schirm setzen wir den Rundgang fort. Wehmütig denke ich an die Jahre, als ich hier meine Mittagspausen verbracht hatte. Beim Bummeln und auf der Suche nach Schnäppchen in den Läden hatte ich mich mit einigen Verkäuferinnen angefreundet und gerne geplaudert.

Es sind zwar noch einige Läden hier, aber ich kenne niemanden mehr. Kein Wunder, ich arbeite schon jahrelang halbtags und fahre in der Mittagszeit nach Hause, anstatt durch die Fußgängerzone zu bummeln.

Wir gehen hoch zur Schlossstraße und stehen am oberen Teil des Schlossbrunnens. Von hier aus kann man auf das alte Pirmasenser Rathaus blicken, in dem ein Schuhmuseum eingerichtet wurde.














Blick auf das Alte Rathaus und den unteren Schlossplatz.




Auf der Terrasse des Brauhauses hat man einen freien Blick hinab zur Fußgängerzone.




Im Hintergrund der Kaskaden erhebt sich die Sankt-Pirmin-Kirche.


Unser Bummel durch die Stadt ist beendet. Es war schön, sich mal wieder an alte Zeiten zu erinnern, aber vieles hier hat sich gewandelt. Vor allem die Passanten sind kunterbunt gemischt. Viele Flüchtlinge hoffen, hier in der Stadt eine neue Heimat zu finden. Junge Männer aus Nordafrika sind in der Stadt, Familien aus Syrien, der Türkei, aus der Ukraine und aus anderen Ländern bieten eine bunten, fremdartigen Anblick. 

Liebe Grüße von der Pfälzerin,
 die vor 49 Jahren hier in der Stadt eine Lehre begonnen hat und seitdem an den Arbeitstagen in die Stadt pendelt, sich jedoch in der Fußgängerzone fremd fühlt.

Kommentare

  1. Hallo liebe Ingrid,

    mir geht es ähnlich wie Dir. Hier in Konstanz bin ich auch nur noch, wenn ich zum Optiker muss, ansonsten meide ich die Stadt. Mir ist es im Sommer einfach zu voll (Touristen und Schweizer), einen Parkplatz bekommt man nur selten und die Geschäfte reizen mich auch nicht wirklich. Wenn Besuch kommt, geht man mal an den Hafen aber sonst? Ich bin froh, dass mein Arbeitsplatz vor der Innenstadt liegt, ich direkt vor der Arbeit parken kann und meine Einkäufe auf dem Heimweg raus aus der Stadt erledige.

    Liebe Grüße
    Burgi

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  2. Guten Abend liebe Ingrid
    Sehr gerne habe ich dich auf deinem Stadtbummel begleitet. Jammerschade, dass einige kleine Läden geschlossen sind, aber bei uns sieht es ähnlich aus.
    Mir scheint es, als ob seit Corona einige Läden noch nicht wieder geöffnet haben.
    Dir einen angenehmen Freitagabend und liebe Grüessli
    Eda

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  3. Hier bietet sich ein ähnliches Bild. Die kleinen Geschäfte, Boutiquen und Bücherläden sind inzwischen fast vollständig verschwunden. In den Seitengassen ist sehr viel Leerstand. In der Haupteinkaufszeile nur die großen Ketten, die es überall gibt. Es ist voll von Menschen, viele Touristen, Franzosen, Schweizer und deutlich mehr Dönerbuden und Shishabars als noch vor 5-6 Jahren.

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