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Ein historisches Gebäude in der Bahnhofstraße erzählt von früheren Zeiten und eine Tafel erinnert an die Opfer einer Separatistenbewegung

 


Täglich laufe ich zweimal daran vorbei, an diesem Gebäude mit der interessanten Fassade. Morgens gehe ich die Bahnhofstraße hoch und mittags wieder zurück zum geparkten Auto.

Diesmal nehme ich mir ein wenig Zeit, um die Bilder an der Mauer des Stadtplatzes vor dem Forum 'Alte Post' näher anzuschauen.








Dahinter steht eine alte Villa, die zur 'Denkmalzone Bahnhofsviertel' gehört. Die um 1880 erbauten Häuser haben interessante Fassaden im Stil der Neurenaissance.


Ich lasse eine Villa erzählen, wie es früher hier war.


" Ich bin nur eines der übrig gebliebenen Häuser in der ehemaligen Eisenbahnstraße. Hier ist auch heute noch der Güterbahnhof und ein Bahnhof, von dem aus Personenzüge losfahren und wieder ankommen. Früher gab es hier auch Schienen auf der Straße, auf denen eine Straßenbahn durch die Stadt fuhr.



Eines der Bilder an der Mauer zeigt die Pirmasenser Eisenbahnstraße um 1900. 

Ich stehe rechts oben und bin das Haus mit der roten Fassade. War das eine schöne Zeit, als das Bähnchen durch die Straße fuhr und die Leute hier flanierten!



Die Damen trugen Hüte und lange Röcke und die Herren hatten einen Spazierstock dabei. Unsere Stadt war reich, dank der florierenden Schuhindustrie.

Pakete und Päckchen wurden mit dem Postwagen der Reichspost ausgefahren, der von einem Pferd gezogen wurde.



Zum Glück sind diese alten Aufnahmen an der Mauer angebracht, sonst wüsste niemand mehr, wie es früher hier aussah.

Um 1930 gab es keine Pferdekutschen mehr. Im Posthof der Alten Post standen nun Kraftomnibusse, mit denen die Leute in die Stadt zum Einkaufen kamen oder Verwandte besuchten.



Die bisherige Eisenbahnstraße wurde jetzt in 'Bahnhofstraße' umbenannt. So heißt sie auch heute noch.

Mein ehemaliges Nachbargebäude wurde um 1910 errichtet und viele Jahre lang war es das bekannte Hotel Matheis.



 

Oh ja, das war ein prächtiges Haus und sein Restaurant war bei den gut betuchten Pirmasensern hoch angesehen. In den 1960er Jahren speiste hier sogar einmal ein Bundeskanzler, als er die Stadt besuchte.

Bei großen internationalen Messen war das Hotel für Monate im voraus ausgebucht. Hier tobte das Leben und hier war Geld.

Dann kam der Niedergang der Schuhindustrie in Pirmasens und die Messebesucher wurden immer weniger. Schließlich musste der Hotelbetrieb eingestellt werden.

Ein Geschäftsmann kaufte das Gebäude und nutzte es vor mehr als zwanzig Jahren als Flüchtlingswohnheim. Danach stand es mehr als 10 Jahre lang leer. Obdachlose nisteten sich ein und das Haus verfiel.

Im Sommer 2014 kam die Abrissbirne und nach kurzer Zeit war das ehemalige Jugendstil-Hotel auf Nimmerwiedersehen verschwunden.

An seiner Stelle befindet sich heute der Stadtplatz vor dem Forum Alte Post.

Ob mir selbst auch solch ein Schicksal droht?





Man sieht meiner Fassade an, dass nichts mehr hergerichtet wird. Alles zerfällt und Efeu überwuchert meine Mauern. Einmal im Jahr kommen Männer mit Motorsägen und beseitigen den Wildwuchs in meinem Garten und am Zaun neben dem Gehsteig. Danach gerate ich wieder in Vergessenheit."





🌃

Soweit die Schilderung zu einigen historischen Häusern im Bahnhofsviertel. Ich gehe auf dem Gehweg  der Bahnhofstraße weiter in Richtung Innenstadt. 

Hier stehen noch weitere schöne Villen, die teilweise von der Stadt als Bau- oder Vermessungsamt genutzt werden.

Die bisherigen Bilder hatte ich am Mittwoch gemacht. Kurz nachdem ich den Stadtplatz überquert hatte, ging ein heftiger Graupelschauer nieder.

Die nachfolgenden Bilder habe ich einen Tag später gemacht. Es schien zwar die Sonne, aber die Luft war noch genauso kühl wie am Mittwoch.










So schaut die Rückseite der Villen aus. Von dieser Seite aus sind sie längst nicht so schön wie ihre Fassaden. Die Denkmalbehörde verlangt nur, dass die Fassade zur Straße hin erhalten bleibt. Auf der Rückseite kann jeder Hausbesitzer machen was er möchte. Viele haben angebaut.

Seht Ihr den modernen gläsernen Aufzug? Er gehört zu dem Gebäude des städtischen Bauamtes.

Im Vorgarten einer der alten Villen haben Leute Osterschmuck aufgestellt. Die Osterhasen befinden sich hinter einem hohen Zaun.



Gleich daneben steht die Villa, die gestern von früheren Zeiten berichten durfte. Bei Sonnenschein wirkt das Gebäude viel hübscher als gestern unter den dunklen Wolken. Aber man sieht auch deutlich den beginnenden Zerfall.



Die Stadtgärtner haben Frühlingsblumen in die Anlagen und Kübel der Bahnhofstraße gepflanzt. Damit wirkt die Stadt etwas freundlicher und man merkt, dass der Frühling kommt.




Der obere Teil der Bahnhofstraße hat viele jüngere Häuser mit einfachen Fassaden. 
Auf der nachfolgenden Aufnahme seht Ihr links den öffentlichen Bücherschrank, der mich mit Lesematerial versorgt. Es ist das gelbe Häuschen, das vorher einmal eine Telefonzelle war.





Ein historisches Ereignis ist der Sturm auf das Bezirksamt, nachdem es von Separatisten besetzt wurde


An der Mauer des Amtsgerichtes in der Bahnhofstraße wurde eine Gedenktafel angebracht, die an die Opfer der Separatistenbewegung nach dem Sturm auf das Bezirksamt 1924 erinnert.

Am 29. November 1923 hatten 300 Mann die Stadt besetzt und das Bezirksamt in der Bahnhofstraße war ihr Hauptquartier. Sie wollten die gesamte Stadt unter ihre Kontrolle bringen.

Im Februar kam noch ein Aufstand der Rotgardisten hinzu und der Bürgermeister bat per Telegramm das Auswärtige Amt in Berlin und eine Rheinlandkommision in Koblenz um Hilfe.

Mit den Rotgardisten konnte die Stadtregierung einen friedlichen Abzug aushandeln. Aber die Herrschaft der Separatisten endete in einem Blutbad. Eine immer größere Menschenmenge versammelte sich vor dem Gebäude in der Bahnhofstraße und verlangte den ihrenAbzug aus der Stadt.

Dabei fielen Schüsse, es gab Verletzte und ein Mann kam ums Leben. Nun eskalierte die Situation. Das Gebäude wurde in Brand gesetzt und man lynchte viele der Separatisten, die sich hier verschanzt hatten. Noch mehr Menschen starben, als das Munitionslager in Brand geriet und das Haus brannte nach einer gewaltigen Explosion vollständig aus.

Die Hilfstruppen kamen einen Tag später an und verhängten einen Belagerungszustand über die Stadt. 

Das Gebäude wurde wieder aufgebaut und gegenüber an der Mauer wurde eine Gedenktafel errichtet, die an die Opfer von beiden Seiten erinnern soll. 



Vom Hof des ehemaligen Bezirksamtes aus kann ich die Stadt überblicken. Hier am sonnigen Hang sind gerade die Mirabellenbäume aufgeblüht.



Der Frühling ist nicht mehr aufzuhalten!

Ich freue mich, Euch wieder mal mit durch die Stadt nehmen zu können.

Liebe Grüße von der Pfälzerin

Kommentare

  1. Guten Tag liebe Ingrid
    Danke für das Mitnehmen auf die Zeitreise, ich mag das und lasse mich sehr gerne in diese Zeiten mitnehmen. Gerne wieder!
    Liebe Grüessli
    Eda

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  2. Von wegen, Zeitreisen sind noch nicht erfunden. Du hast uns auf eine solche mitgenommen :-)

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